Ablehnung des Haushalts 2021

Rede zum Haushalt der Stadt Wegberg 2021

 

 

Sehr geehrter Herr Stock,

sehr geehrte Frau Vieth,

sehr geehrte Frau Kühlen,

liebe Kolleginnen und Kollegen,

meine Damen und Herren,

die Haushaltsberatung 2021 erfolgte in einer Art und Weise, die einmalig für die Stadt Wegberg und sicherlich auch für viele Kommunen in diesem Lande, war. Diese Einmaligkeit gilt auch für die Haushaltsreden 2021. Sie werden nicht verlesen, sondern lediglich zu Protokoll gegeben Die Haushaltsrede der FDP Fraktion wird sich auch inhaltlich von den Reden der letzten Jahre unterscheiden.

Die Gemeindeordnung regelt in § 41 die Zuständigkeiten des Rates. In Absatz 1 Satz 2 wird ausgeführt: Die Entscheidungen über folgende Angelegenheiten kann der Rat nicht übertragen:

h) den Erlass der Haushaltssatzung und des Stellenplans….

Nicht ohne Grund hat der Gesetzgeber diese Vorschrift so gefasst und dem Rat die Verantwortung für den Haushalt in die Hände gelegt. Denn die Verwaltung der Gemeinde wird ausschließlich durch den Willen der Bürgerschaft bestimmt. Und die Bürgerschaft wird durch den Rat vertreten.

Teil der Haushaltssatzung ist auch der Finanzplan mit der Investitionstätigkeit des Haushaltsjahres. Dieser Teil der Haushaltssatzung wurde in diesem Jahr nicht beraten, obwohl er Investitionen in Höhe von rd. 25,1 Mio. Euro enthält. Dieser Teil wurde nicht beraten, obwohl im Vorbericht die Verwaltung ausführt, dass bei der anstehenden Haushaltsberatung es insbesondere erforderlich ist, konkrete Entscheidungen für die im Jahr 2021 vorgesehenen oder anzufinanzierenden Maßnahmen zu treffen.

Warum wurde dieser Teil, der auch die Folgekosten –Abschreibung, Zinslasten, Unterhaltungskosten-, bestimmt, die von immenser Bedeutung für die Zukunft unserer Heimatstadt sind, nicht beraten?

Die Beratung wurde durch CDU, SPD und Bürgermeister unterbunden. Die Verantwortung für diesen Haushaltsteil soll nach dem Willen der Antragsteller in die Hände des Bürgermeisters gelegt werden. Mit einer noch nie dagewesenen Arroganz der Macht wurde den Ausschussmitgliedern, die ihrer Verantwortung für den Haushalt nachkommen wollten, das Haushaltsrecht beschnitten. Das Recht, Gründe für Investitionen nachzufragen, das Recht über Sinnhaftigkeit von Investitionen zu debattieren.

Einen Großteil der aufgelisteten Investitionen werden wir sicherlich im Haushaltsentwurf 2022 erneut diskutieren können, da über 50 % in diesem Jahr nicht realisiert werden. Im Vorbericht bewerten die Kämmerin bzw. der Bürgermeister den Investitionsplan von vornherein als nicht realistisch. Daher ist der finanzielle Schaden, den CDU, SPD und Bürgermeister eventuell verursachen werden, ggfs. noch zu korrigieren.

Nicht reparabel ist jedoch die Beschädigung des Selbstverständnisses des Rates. Für die FDP war es nicht vorstellbar, dass Fraktionen das Haushaltsrecht, das ureigene Recht des Rates teilweise aus der Hand geben. Wir werden dies auch nicht akzeptieren. CDU und SPD stehlen sich aus der Verantwortung für eine sinnvolle, kostengünstige und tragbare Investitionstätigkeit.

Ich möchte aber noch 3 Anmerkungen zum Haushalt machen:

  1. Der Haushaltsentwurf 2021 schließt mit einem Defizit von 5,3 Mio. Euro ab. Bereinigt um die Corona-Bilanzhilfen verbleibt ein Verlust von rd. 1,5 Mio. Euro. Dieser Verlust ist nicht der Pandemie geschuldet, sondern stellt ein strukturelles Defizit dar. Dieses Strukturproblem kann man von der Ausgaben- und von der Einnahmenseite her angehen. Sparpotenziale auf der Ausgabenseite werden größernteils ignoriert. Die Personalkosten steigen überdurchschnittlich. Die Investitionen, ob sinnvoll oder sinnlos, werden von der Ratsmehrheit durchgewunken. Und die Einnahmenseite? Hier komme ich zur zweiten Anmerkung.
  2. Das geplante Defizit war nur durch eine Anhebung der Grundsteuer-Hebesätze zu erreichen. Diese Erhöhung steht seit 2015 im Raum. Die Hinweise meiner Fraktion, dass die Steuererhöhung nur durch Ausgabendisziplin zu mildern ist, wurde seitens der Ratsmehrheiten ignoriert. Insgeheim wurde sich auf dieses Fangnetz, diese Option verlassen. Nun kommt es zum Schwur und zum Versuch, sich aus der Verantwortung zu stehlen. Mit einigen im Ansatz diskutablen Ausgabenkürzungen bzw. Bilanztechniken (Personalkosten Grünabfuhr und Bauhof, Bilanzierung der Eigenleistungen und Klimaschutzaufwendungen) soll eine Einsparung von rd. 400.000,00 € erreicht werden. Hiermit will man nicht den Verlust reduzieren. Nein, die Anhebung der Hebesätze soll vermieden werden. Ein billiger Versuch, die Bevölkerung zu täuschen. Denn die Personaleinsparungen sind nicht auf Dauer angelegt. 2022 sollen die vier Stellen in voller Höhe wirksam werden. Die Bilanzierungsmöglichkeiten erhöhen die Kosten in den Folgejahren. Und die Verluste werden nach der mittelfristigen Planung in den nächsten Jahren noch steigen. Die Erhöhung der Hebesätze ist somit nicht vom Tisch. Sie wird ins nächste Jahr geschoben.
  3. Die Verlustprognosen werden leider Realität werden. CDU und SPD haben, wie oben aufgezeigt, kein Interesse an einer soliden und planbaren Haushaltspolitik. Dies wird zwei dramatische Ereignisse zur Folge haben:
  • die Verlängerung des Haushaltssicherungskonzeptes
  • die drastische Erhöhung der Hebesätze für die Grundsteuer.

Die Anhebung auf 550 Prozentpunkte ist 2022 nicht zu vermeiden. Zum Haushaltsausgleich 2024 muss dieser Wert nach Einschätzung der Kämmerin auf 805 Punkte erhöht werden. Ab 2025 ist die Corona-Bilanzhilfe von voraussichtlich 16,5 Mio. Euro auszugleichen. Der jährliche Betrag von 330.000,00 Euro wird einen weiteren Anstieg der Hebesätze um ca. 45 Punkte verursachen. Was dies bedeutet, möchte ich an einem Beispiel deutlich machen.

Für ein Haus oder eine Wohnung wurde in 2020 bei einem Hebesatz von 491 Punkten eine Grundsteuer in Höhe von 200,00 € fällig. Wie sieht dies zukünftig aus?

2022    Hebesatz 550 Punkte                              224,03 €

2024    Hebesatz 805 Punkte                              327,90 €

2025    Hebesatz 850 Punkte                              346,23 €

Eine Grundsteuererhöhung um 73 % ist sicherlich für die Wohnstadt Wegberg ein Alleinstellungsmerkmal der negativen Art. Allerdings werden CDU und SPD sagen, dass dies alles Schätzungen und Vermutungen wären. Meine Damen und Herren von CDU und SPD, Herr Bürgermeister sie steuern mit ihrer Haushaltspolitik geradewegs auf dieses Desaster zu. Beachten Sie bitte: Im Jahre 2015 wurde vorausgesagt, dass zum Haushaltsausgleich 2021 eine Erhöhung auf 550 Prozentpunkte erforderlich wäre. Die Realität hat uns überholt. Selbst dieser Prognosewert hat in diesem Jahr nicht zum Haushaltsausgleich gereicht.

„Der Rückblick auf die Corona-Pandemie 2020 hat genau wie der Haushaltsplan 2021 gezeigt, dass dringend Handlungsbedarf besteht, die finanziellen Aspekte in der Stadt Wegberg stärker führungsverantwortlich zu lenken.“ Frau Kühlen, Frau Vieth, dieser Wunsch, dieser Appell aus Ihrem 3. Finanzbericht, der vom Bürgermeister gegengezeichnet worden ist, wurde noch in der gleichen Sitzung von CDU, SPD und Bürgermeister verworfen. Es ist davon auszugehen, dass bei den zukünftigen Planaufstellungen wiederum Handlungsnotwendigkeiten ausgelöst und Ressourcen verbraucht werden, die sich bei den Jahresabschlussarbeiten als nicht notwendig erweisen. Und dies nur, weil die erforderliche Führungsverantwortung fehlt.

Die FDP-Fraktion bedankt sich ausdrücklich bei ihnen, Frau Kühlen und Frau Vieth, und den Mitarbeitern in der Kämmerei für die geleistete Arbeit. Seien Sie versichert, dass die Fraktion weiterhin auf eine solide Haushaltspolitik drängen wird. Und hoffen Sie mit uns, dass bei der Mehrheit die Erkenntnis reift, dass Schaukämpfe um Hebesätze und Gebührensatzungen keine verantwortungsvolle Haushaltspolitik ersetzen können.

Die FDP Fraktion stimmt dem Haushaltsentwurf nicht zu.

Für die FDP-Fraktion im Rat der Stadt Wegberg

Heinz Nießen

Fraktionsvorsitzender